Lactobacillus salivarius

Lactobacillus salivarius ist ein grampositives, stäbchenförmiges Bakterium. Es gehört zur Familie der Milchsäurebakterien und verstoffwechselt Milchzucker zu Milchsäure. Dieser Stoffwechselvorgang wird auch als Gärung bezeichnet. Die durch diesen Prozess gebildete Milchsäure verursacht eine Ansäuerung des Lebensumfeldes des Bakteriums. Beim Menschen ist L. salivarius Bestandteil der natürlichen Bakterienflora des Magen-Darm-Traktes und ist ebenso im Speichel nachweisbar (1).

Funktion im Körper

Vorkommen und Bedeutung von Lactobacillus salivarius

Lactobacillus salivarius besiedelt unter normalen Bedingungen bei gesunden Menschen den Verdauungstrakt und kann bei Frauen auch im Vaginaltrakt nachgewiesen werden. Der Name des Bakteriums leitet sich vom lateinischen Wort Saliva ab, was Speichel bedeutet, da L. salivarius auch im Speichel beim Menschen nachgewiesen werden kann. Auch bei anderen Säugertieren kann das Milchsäurebakterium im Magen-Darm-Trakt gefunden werden (1).

Medizinische Bedeutung Lactobacillus salivarius

Lactobacillus salivarius verursacht bei gesunden Menschen normalerweise keine Krankheiten. Das Milchsäurebakterium kann dagegen sogar mit Hilfe seiner antimikrobiellen Eigenschaften schädliche Keime angreifen und diese aus seiner Umgebung verdrängen (1).

Positive Eigenschaften von Lactobacillus salivarius sind:

  • Herstellung von antimikrobiell wirkenden Proteinen, wie beispielsweise Bacteriocinen und Wasserstoffperoxid, welche krankheitserregende Keime bekämpfen können (2)
  • Verdrängung von anderen, auch schädlichen Keimen, durch die Produktion von Milchsäure (2)
  • Aktvierung der Immunantwort, unter anderem durch die Steigerung der Bildung von Antikörpern oder durch eine vermehrte Bildung von bestimmten Abwehrzellen (2)
  • Stärkung der Barrierefunktion der Schleimhäute im Magen-Darm-Trakt (2)
  • Unterstützung der Bildung einer gesunden Bakterienflora im Verdauungstrakt (3)
  • Dämpfung von Entzündungsreaktionen und Beeinflussung des Entzündungsstoffwechsels (4) (5)

Negative Eigenschaften von Lactobacillus salivarius sind:

In seltenen Fällen kann Lactobacillus salivarius, obwohl es unter normalen Bedingungen zur natürlichen Bakterienflora im menschlichen Darm gehört, Infektionen im Körper auslösen. Besonders anfällig für solche Infektionen sind dabei Menschen mit einem beeinträchtigten Immunsystem oder einer kritischen Grunderkrankung (6).

  • Beim Vorliegen einer Störung des Immunsystems kann L. salivarius in den Blutkreislauf eindringen und somit eine Vergiftung des Blutes, eine sogenannte Sepsis, bedingen (6)

Mangel an L. salivarius Stämmen und Folgen

Lactobacillus salivarius kann die Vielfalt und die Zusammensetzung der Bakterienflora im Darm positiv beeinflussen. Das Milchsäurebakterium unterstützt dabei die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen den nützlichen und krankheitserregenden Keimen. Konsequenzen einer aus dem Gleichgewicht geratenen Bakterienflora können Funktionsstörungen des Verdauungssystems, Beeinträchtigungen des Stoffwechsels und Neigung zu Übergewicht oder eine erhöhte Infektanfälligkeit sein. Die Zusammensetzung der Bakterienflora im Darm kann mit Hilfe einer Stuhlanalyse genauer bestimmt werden.

Verwendung von L. salivarius Stämmen in der Medizin

Das Milchsäurebakterium Lactobacillus salivarius findet als Probiotikum in der Behandlung verschiedener Erkrankungen Anwendung. Es existiert eine große Anzahl an wissenschaftlichen Studien, die sich mit sowohl den vorbeugenden als auch den therapeutischen Wirkungen von L. salivarius beschäftigen.

  • Behandlung von Darmentzündungen

Lactobacillus salivarius kann Entzündungsreaktionen abschwächen und Entzündungen im Darm abmildern. In Tierversuchen an Ratten konnte die Gabe von probiotischen L. salivarius Bakterien das Entzündungsgeschehen bei Darmentzündungen dämpfen, das Absterben von Darmgewebe verringern und den Zustand des Darmes verbessern (4). Inwieweit diese Ergebnisse auch auf den Menschen übertragbar sind, ist noch in weiterführenden experimentellen und klinischen Studien zu untersuchen.

  • Behandlung von Fettstoffwechselstörungen

Die Anwendung von L. salivarius kann helfen, Störungen des Fettstoffwechsels zu behandeln. So führte die regelmäßige Einnahme eines probiotischen L. salivarius Stammes bei gesunden Menschen zu einer Abnahme der Blutfettwerte, wie beispielsweise LDL-Cholesterin und Triglyceride sowie zu einer Verringerung von Entzündungswerten im Blut (5).

  • Positive Beeinflussung der Bakterienflora im Mund und Unterstützung der Zahngesundheit

L .sailvarius kann sich positiv auf die Gesundheit der Zähne und der Mundhöhle auswirken. So konnte das Bakterium im Labor in vitro das Wachstum krankheitserregender Bakterien der Mundhöhle hemmen (4). Darüber hinaus führte die Einnahme eines probiotischen L. salivarius Stammes bei Versuchspersonen zu einer Verminderung von Mundgeruch und zu einer Abschwächung von Entzündungszeichen (7).

  • Vorbeugung und Therapie von Infektionen

Lactobacillus salivarius kann die Aktivität des Immunsystems unterstützen und helfen, Infektionen zu verhindern. Das Bakterium kann in vitro im Labor und in vivo in Tierversuchen verschiedene krankheitserregende Bakterien, wie beispielsweise Salmonella Enteritidis und Campylobacter jejuni, bekämpfen und deren Wachstum hemmen (2). Bei gesunden Menschen führte die tägliche Einnahme von L. salivarius haltigen Kapseln zu einer Stärkung der Immunantwort und einer Erhöhung von immunologischen Parametern, wie beispielsweise von Abwehrzellen und Antikörpern (8). Darüber hinaus konnte die Anwendung von L. salivarius bei Frauen gegen Ende der Schwangerschaft die Entwicklung von bakteriellen Infektionen der Brust verhindern (9).

  • Therapie bei Allergien

Lactobacillus salivarius kann bei Allergien helfen. Verschiedene klinische Studien zeigten eine Besserung von Symptomen bei Patienten, die an einer atopischen Dermatitis (Neurodermitis) litten, durch die regelmäßige Einnahme von probiotischen L. salivarius Bakterien (10).

  • Vorbeugung von Krebs

Tierexperimentelle Studien an Ratten konnten eine Unterbindung der Entwicklung von Darmkrebsvorstufen durch die Zufütterung eines L. salivarius Stammes zeigen. Dabei verbesserte sich auch die Bakterienflora der Ratten und Stoffwechselvorgänge im Darm wurden positiv beeinflusst (11).

  • Therapie bei Acne vulgaris

Das Milchsäurebakterium L. salivarius kann möglicherweise bei der häufigen Hauterkrankung Acne vulgaris helfen. So konnte L. salivarius in vitro im Labor das Bakterium Propionibacterium acnes (P.acnes), welches an der Entstehung von Akne beteiligt ist, hemmen und darüber hinaus auch eine Entzündungsreaktion von menschlichen Abwehrzellen auf P.acnes dämpfen (12). Inwieweit diese Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, muss in weiteren klinischen und experimentellen Studien untersucht werden.

Einsatz von L. salivarius Stämmen als Probiotika

Probiotische L. salivarius Stämme werden meistens in Kombination mit anderen probiotischen Milchsäurebakterien angeboten. Dabei sind die Milchsäurebakterien in verschiedenen Produkten enthalten und sind in diversen Darreichungsformen erhältlich. Sie stehen zur Verfügung als:

  • Magensaftresistente Kapseln
  • Probiotische Milchprodukte
  • Pulver zum Auflösen

In Deutschland werden Probiotika als Arzneimittel oder Zusatzstoffe verkauft, die jeweils gesetzlichen Sicherheitsbestimmungen unterliegen. Die Einnahme von Probiotika sollte über einen längeren Zeitraum erfolgen, wobei die empfohlene Anwendungsdauer acht Wochen überschreiten sollte. Im Vorfeld einer Therapie mit Probiotika sollten Sie mit Ihrem behandelnden Arzt über die Art und Dauer der geplanten Anwendung sprechen. Beim Vorliegen einer Beeinträchtigung des Immunsystems oder bei einem vermindertem Allgemeinzustand, beispielsweise verursacht durch eine kritische Grunderkrankung, ist es ebenso wichtig, vor Beginn der Anwendung von Probiotika den behandelnden Arzt aufzusuchen.

Quellen

(1) BA Neville, PW O'Toole, Probiotic properties of Lactobacillus salivarius and closely related Lactobacillus species, Future Microbiology 2010 5:5, 759-774.
(2) S. Messaoudi, M. Manai, G. Kergourlay, H. Prévost, N. Connil, J.-M. Chobert, X. Dousset, Lactobacillus salivarius: Bacteriocin and probiotic activity, Food Microbiology, Volume 36, Issue 2, 2013, Pages 296-304, ISSN 0740-0020.
(3) Sáez-Lara, Maria Jose et al. "Effects of Probiotics and Synbiotics on Obesity, Insulin Resistance Syndrome, Type 2 Diabetes and Non-Alcoholic Fatty Liver Disease: A Review of Human Clinical Trials." Ed. Alejandro Cifuentes. International Journal of Molecular Sciences 17.6 (2016): 928.
(4) Shi, Lye Huey et al. "Beneficial Properties of Probiotics." Tropical Life Sciences Research 27.2 (2016): 73-90.
(5) Hemalatha Rajkumar, MBBS, MD, Manoj Kumar, PhD, Nilita Das, MSc, S. Nishanth Kumar, MSc, Hanumanth R. Challa, BSc, and Ravinder Nagpal, PhD, Effect of Probiotic Lactobacillus salivarius UBL S22 and Prebiotic Fructo-oligosaccharide on Serum Lipids, Inflammatory Markers, Insulin Sensitivity, and Gut Bacteria in Healthy Young Volunteers: A Randomized Controlled Single-Blind Pilot Study, Journal of Cardiovascular Pharmacology and Therapeutics, Vol 20, Issue 3, 2014, pp. 289 - 298.
(6) Ellie J. C. Goldstein, Kerin L. Tyrrell, Diane M. Citron; Lactobacillus Species: Taxonomic Complexity and Controversial Susceptibilities, Clinical Infectious Diseases, Volume 60, Issue suppl_2, 15 May 2015, Pages S98-S107.
(7) Iwamoto, Tomoyuki et al, Effects of probiotic Lactobacillus salivarius WB21 on halitosis and oral health: an open-label pilot trial, Oral Surgery, Oral Medicine, Oral Pathology, Oral Radiology and Endodontics , Volume 110 , Issue 2, 2010, 201 - 208.
(8) Saleta Sierra, Federico Lara-Villoslada, Lluis Sempere, Mónica Olivares, Julio Boza, Jordi Xaus, Intestinal and immunological effects of daily oral administration of Lactobacillus salivarius CECT5713 to healthy adults, Anaerobe, Volume 16, Issue 3, 2010, Pages 195-200, ISSN 1075-9964.
(9) Leónides Fernández, Nivia Cárdenas, Rebeca Arroyo, Susana Manzano, Esther Jiménez, Virginia Martín, Juan Miguel Rodríguez; Prevention of Infectious Mastitis by Oral Administration of Lactobacillus salivarius PS2 During Late Pregnancy, Clinical Infectious Diseases, Volume 62, Issue 5, 1 March 2016, Pages 568-573.
(10) Drago, L., Iemoli, E., Rodighiero, V., Nicola, L., De Vecchi, E., and Piconi, S. (2011). Effects of Lactobacillus salivarius LS01 (DSM 22775) treatment on adult atopic dermatitis: a randomized placebo-controlled study. Int. J. Immunopathol. Pharmacol. 24, 1037-1048.
(11) Zhu, J. , Zhu, C. , Ge, S. , Zhang, M. , Jiang, L. , Cui, J. and Ren, F. (2014), Lactobacillus salivarius Ren prevent the early colorectal carcinogenesis in 1, 2-dimethylhydrazine-induced rat model. J Appl Microbiol, 117: 208-216.
(12) Deidda, Francesca, BS; Amoruso, Angela, PhD; Nicola, Stefania, PhD; Graziano, Teresa, BS; Pane, Marco, BS; Mogna, Luca, PhD, New Approach in Acne Therapy: A Specific Bacteriocin Activity and a Targeted Anti IL-8 Property in Just 1 Probiotic Strain, the L. salivarius LS03, Journal of Clinical Gastroenterology: May 18, 2018.